Das ist eine vereinfachte Übersetzung des Abstracts aus dem Artikel erschienen im European Journal of Cardiothoracic Surgery. 2016 Feb 18. pii: ezw013. [Epub ahead of print]

 

Vereinfachte Sprache

Blanke Körperschlagaderklappen menschlicher Spender zum Ersatz der Körperschlagaderklappe und der aufsteigenden Körperschlagader

¹*Dr. med. Igor Tudorache, ¹*Dr. med. Alexander Horke, ¹PD Dr. med. Serghei Cebotari, ¹PD Dr. med. Samir Sarikouch, ¹PD Dr. med. Dietmar Böthig, ¹Dr. med. Thomas Breymann, ¹Prof. Dr. med. Philipp Beerbaum, ¹PD Dr. med. Harald Bertram, ¹PD Dr. med. Mechthild Westhoff-Bleck, ¹Dr. med. vet. Karolina Theodoridis, ¹Dr. med. Dmitry Bobylev, ²Dr. med. Eduard Cheptanaru, ¹,²Prof. Dr. med. Anatol Ciubotaru und ¹Prof. Dr. med. Axel Haverich.

 

¹Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland.

²Staatliche Medizinische und Pharmazeutische Universität, Kischinau, Republik Moldau.

*Beide Autoren gleichermaßen beteiligt.

 

Korrespondenz:

Dr. med. Igor Tudorache

Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie (HTTG)

Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg Str. 1, 30625 Hannover, Deutschland.

Tel.:    +49-511-532-2125

Fax:    +49-511-532-5404

E-Mail: Tudorache.Igor(at)mh-hannover.de

 

Abstract

Hintergrund: Die Auswahl einer Klappenprothese für den Ersatz der Körperschlagaderklappe (Aortenklappe), die sich im linken Herzen zwischen der Körperschlagader (Aorta) und der linken Herzkammer befindet, stellt bei jungen Patienten eine Herausforderung dar, da die derzeitigen Klappenersatzverfahren entscheidende Nachteile mit sich bringen. Bei metallenen Klappenprothesen, die zwar unbegrenzt haltbar sein können, müssen jedoch lebenslang blutverdünnende Medikamente (Antikoagulantien) eingenommen werden, um der Bildung von Blutgerinnseln an der Metallklappe vorzubeugen. Biologische Klappenprothesen sind dagegen nur begrenzt haltbar. Bei der sogenannten Ross-Operation wiederum wird die defekte Körperschlagaderklappe (Aortenklappe) entfernt und durch die eigene Lungenschlagaderklappe (Pulmonalklappe) des Patienten ersetzt. Die Lungenschlagaderklappe befindet sich im rechten Herzen zwischen der großen Lungenschlagader und der rechten Herzkammer. An die Stelle der entfernten patienteneigenen Lungenschlagaderklappe wird eine menschliche Spenderklappe (Homograft) als biologischer Klappenersatz implantiert. Bei diesem Operationsverfahren ergeben sich einerseits Nachteile durch die begrenzte Haltbarkeit des an die Stelle der Lungenschlagaderklappe gesetzten Homografts; andererseits hält die patienteneigene Lungenschlagaderklappe, die als Ersatz für die defekte Körperschlagaderklappe umpositioniert wurde, den Druckverhältnissen an der Stelle der Körperschlagaderklappe oft nicht dauerhaft stand.

Um diese Nachteile der momentanen Klappenersatzverfahren zu vermeiden, können von ihren Zellen befreite (dezellularisierte=blanke) menschliche Spenderklappen (Homografts) eingesetzt werden.

Zum Ersatz defekter Lungenschlagaderklappen wurden in der Vergangenheit bereits blanke (dezellularisierte) Lungenschlagaderklappen menschlicher Spender bei Patienten eingesetzt. Diese werden als dezellularisierte pulmonale Homografts (kurz: DPH) bezeichnet. Mit dieser Methode wurden ausgezeichnete Ergebnisse erzielt. Nun liegen auch für den Ersatz der Körperschlagaderklappe mittels dezellularisierter aortaler Homografts (kurz: DAH) frühe Ergebnisse vor. Diese frühen klinischen Ergebnisse beziehen sich auf den Ersatz der Körperschlagaderklappe bei Kindern und v.a. jungen Erwachsenen mittels solcher dezellularisierter aortaler Homografts.

Methodik: Die frühen klinischen Ergebnisse wurden im Rahmen einer prospektiven Beobachtungsstudie gewonnen. Bei einer prospektiven Beobachtungsstudie wird die zu beobachtende Personengruppe (Studienkohorte) in der Gegenwart zusammengestellt und in die Zukunft hinein (prospektiv) beobachtet bzw. begleitet. Diese prospektive Beobachtungsstudie umfasste insgesamt 69 Patienten (davon 44 männlich), die von Februar 2008 bis September 2015 operiert wurden und deren Durchschnittsalter knapp 20 Jahre betrug. Von jenen 69 Patienten wurden 66 an der medizinischen Hochschule Hannover operiert und 3 an der Staatlichen Medizinischen und Pharmazeutischen Universität Kischinau in der Republik Moldau (Moldawien). Bei 18 Patienten wurde ein langes dezellularisiertes aortales Homograft eingesetzt. Dies ist die entzellte Körperschlagaderklappe eines menschlichen Spenders, an der sich auch die aufsteigende Körperschlagader (Aorta ascendens) befindet. Dieses lange dezellularisierte aortale Homograft wurde als erweiterter Aortenwurzelersatz (kurz: EAWE) zum gleichzeitigen Ersatz einer erweiterten (dilatierten) aufsteigenden Körperschlagader (Aorta ascendens) verwendet. Bei diesen Patienten wurden also zusätzlich zur Körperschlagaderklappe (Aortenklappe) auch die Wurzel der Körperschlagader (Aortenwurzel) und die aufsteigende Körperschlagader (Aorta ascendens) mittels eines langen Homografts gleichzeitig ersetzt. Als Aortenwurzel wird der Beginn der Körperschlagader gleich hinter der Körperschlagaderklappe (Aortenklappe) und noch vor dem Übergang in die aufsteigende Körperschlagader (Aorta ascendens) bezeichnet. Vier Patienten wurde gleichzeitig zusätzlich die Lungenschlagaderklappe (Pulmonalklappe) mittels eines dezellularisierten pulmonalen Homografts ersetzt.

Ergebnisse: Bei 39 Patienten die an dieser Studie teilnahmen waren insgesamt 62 vorangegangene Operationen erfolgt, der mittlere Durchmesser der eingesetzten dezellularisierten Herzklappen betrug 22 mm. Die Klappenfunktion nach der Operation zeigte keine Engen oder Undichtigkeiten der eingesetzten Herzklappen, die Funktion der  linken Herzkammer war gut.

Es gab einen nicht-klappenbedingten Todesfallbei einem Patienten mit einem komplizierten Herzfehler aufgrund einer Entzündung nach der Operation.

Bislang war während der Nachbeobachtungszeit an keiner Stelle der eingesetzten dezellularisierten Homografts eine Erweiterung (Dilatation) zu beobachten; jedoch ist die Beobachtungszeit kurz. Ein kleines dezellularisiertes aortales Homograft mit einem Durchmesser von 10 mm beim Einsetzen musste aufgrund einer Verengung unterhalb der Aortenklappe (subvalvuläre Stenose) sowie wegen eines sich entwickelnden Blutrückflusses von der Körperschlagader in die linke Herzkammer (Regurgitation) nach 4,5 Jahren entfernt werden. Es wurde komplikationslos durch ein 17 mm großes dezellularisiertes aortales Homograft ersetzt. Sowohl während der Operation als auch nach der Operation unter dem Mikroskop war keine Verkalkung (Kalzifikation) des entfernten kleinen dezellularisierten aortalen Homografts zu beobachten. Unter dem Mikroskop zeigte sich, dass das entfernte dezellularisierte aortale Homograft deutlich mit körpereigenen Zellen des Empfängers besiedelt (ausgeprägte Re-Besiedelung) und nicht entzündet war.

Schlussfolgerung: Blanke Körperschlagaderklappen (Aortenklappen) menschlicher Spender, so genannte dezellularisierte aortale Homografts, halten dem Blutfluss im Blutkreislauf stand, weisen eine herausragende Klappenöffnungsfläche auf und scheinen für junge Patienten als Alternative zu den derzeit üblichen Herzklappenprothesen für den Ersatz der Körperschlagaderklappe (Aortenklappe) geeignet. Der erweiterte Aortenwurzelersatz mittels dezellularisierter aortaler Homografts stellt eine weitere Behandlungsmöglichkeit bei Fehlbildungen der Körperschlagaderklappe (Aortenklappe) mit gleichzeitiger Erweiterung (Dilatation) der aufsteigenden Körperschlagader (Aorta ascendens) dar, da somit das Einsetzen von künstlichem Material vollständig vermieden wird.

 

Schlüsselbegriffe: dezellularisierte Homografts, Herzklappenersatz, Aortenklappe, Klappenprothese

 

In die deutsche Sprache übersetzt von Irina Schulthess